Lebensabenteuer Nächstenliebe: Mit Gott im Alltag unterwegsBeispiel

Tag 2 - Achtung Autopilot (Lukas 10,30-32)
Wir wissen ja, wie es weitergeht. Jesus erzählt eine alltagsnahe, aber doch zeitlose Geschichte, deren Szenario sich problemlos auf heute übertragen lässt: das Gleichnis vom barmherzigen Samariter.
30 Jesus erwiderte: »Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho. Unterwegs wurde er von Räubern überfallen. Sie plünderten ihn bis aufs Hemd aus und schlugen ihn zusammen. Dann machten sie sich davon und ließen ihn halb tot liegen. 31 Nun kam zufällig ein Priester denselben Weg herab. Er sah den Verwundeten und ging vorbei. 32 Genauso machte es ein Levit, als er zu der Stelle kam: Er sah den Verwundeten und ging vorbei. 33 Aber dann kam ein Samariter dorthin, der auf der Reise war. Als er den Verwundeten sah, hatte er Mitleid mit ihm. 34 Er ging zu ihm hin, behandelte seine Wunden mit Öl und Wein und verband sie. Dann setzte er ihn auf sein eigenes Reittier, brachte ihn in ein Gasthaus und pflegte ihn. 35 Am nächsten Tag holte er zwei Silberstücke hervor, gab sie dem Wirt und sagte: ›Pflege den Verwundeten! Wenn es mehr kostet, werde ich es dir geben, wenn ich wiederkomme.
Hier erfahren wir also, was sich Jesus unter Nächstenliebe vorstellt. Gehen wir den Text Schritt für Schritt durch.
Das Gleichnis triggert wahrscheinlich erst einmal Empörung. Ein Mann in Not wird einfach ignoriert. Nicht nur einmal, sondern gleich zweimal. Und das, obwohl die potenziellen Helfer eigentlich die moralische Größe haben sollten, einzugreifen. Bis heute kann uns so ein Mangel an Zivilcourage aufregen. Wie kann es sein, dass ein Rentner in einem vollbesetzten Bus verprügelt wird? Warum bleibt eine angefahrene Passantin schwerverletzt am Straßenrand liegen und wird minutenlang ignoriert?
Und doch kenne ich Situationen aus meinem eigenen Leben, wo ich eher Priester und Levit bin als Samariter. Wenn sich eine Obdachlose am Hauptbahnhof bei -2° C in einen Schlafsack hüllt. Oder wenn ich davon höre, dass es in Deutschland eine „Einsamkeitsepidemie“ gibt. Dann stellt sich natürlich erst einmal Betroffenheit ein und das Gefühl „Da müsste man mal was tun“. Doch nach der ersten Gefühlsregung gehe ich schnell wieder zu meinem Alltag über. Hebt hier Jesus also den moralischen Zeigefinger und verdammt unsere Gleichgültigkeit und Herzenskälte?
Ich glaube, es geht Ihm eher um etwas anderes. Jesus zeigt uns eine natürliche Tendenz auf, die von unserer begrenzten Liebes- und Beziehungsfähigkeit herrührt: Wir fokussieren automatisch unsere Alltagsprojekte, unsere Rollen und die Menschen, die uns nahestehen. Das kann dazu führen, dass wir wie auf Autopilot durch unser Leben gehen und links und rechts gar nichts mehr wahrnehmen. Nicht aus böser Absicht, sondern einfach, weil wir andere Prioritäten haben. Weil wir sagen: „Nicht mein Problem, halte dich da raus.“ Damit laufen wir Gefahr, nur noch unseren eigenen Kreis von Mitmenschen zu sehen, der alles andere überdeckt.
Auch Priester und Levit werden gute Gründe für ihr Verhalten gehabt haben: Vielleicht waren sie unterwegs zum Tempeldienst. Möglicherweise warteten ihre Kollegen auf Ablösung. Der Tempelgottesdienst musste nahtlos weitergehen. Außerdem: Für Priester war religiöse Reinheit oberste Priorität. Besonders von Toten hatten sie sich fernzuhalten. Ansonsten durften sie ihren Dienst nicht mehr versehen. Logisch, dass die zwei nicht gerade enthusiastisch waren, einen Halbtoten zu berühren.
Doch die schwierige Realität verschwindet nicht, auch wenn keiner sie sieht. Der verletzte Reisende ist nach wie vor unversorgt. Heute fordern uns Situationen von Einsamkeit, Obdachlosigkeit oder Armut heraus. Wie kann Nächstenliebe Gestalt annehmen, wenn wir auf dem Kurs des Autopiloten bleiben?
Wie geht es dir: Hast du die Gefahr, wie auf Autopilot durchs Leben zu gehen und die Leute links und rechts davon aus dem Blick zu verlieren, selbst schon mal erlebt? In welchen Situationen denkst du: „Ist nicht mein Problem?“
An der Stelle machen wir morgen weiter.
Die Heilige Schrift
Über diesen Leseplan

Nächstenliebe ist kein starres Gebot oder unerreichbares Ideal, sondern lädt uns zu einem Lebensabenteuer mit Gott ein. Mache dich auf eine Reise mit Kopf, Herz, Hand und Lukas. Impulse zum Nachdenken und Mitmachen gibt es hier. Zum Anhören und Selberlesen.
More
Wir möchten uns bei Compassion Deutschland für die Bereitstellung dieses Plans bedanken. Weitere Informationen finden Sie unter: https://compassion.de/