Lebensabenteuer Nächstenliebe: Mit Gott im Alltag unterwegsBeispiel

Tag 5 - Helfen mit Augenmaß (Lukas 10,35; Matthäus 11,28; Prediger 7,16)
Vielleicht hast du gestern tief Luft geholt. Das geht ja alles gar nicht! Das ist unrealistisch! Verliere ich dann nicht die Kontrolle über mein Leben, wenn ich immer an andere denke? Manch einer ist besonders sensibel und fühlt schnell den Druck, zu helfen. Andere arbeiten bereits hauptberuflich oder ehrenamtlich im sozialen Bereich und spüren schon ein „Empathie-Burnout“, wenn sie jetzt auch noch privat „barmherzige Samariter“ sein sollen. Wieder andere leiden an dem, was man das „Helfer-Syndrom“ nennt: eigentlich bräuchte man selbst Unterstützung oder müsste sein eigenes Leben sortieren, hilft aber stattdessen immer anderen in einer Art Ersatzhandlung.
Manchmal befeuern christliche Floskeln und Gebräuche so eine langfristig ungesunde Einstellung zum Helfen. Doch heißt es in der Bibel nicht nur, dass man sein Kreuz auf sich nehmen soll oder sich selbst verleugnen soll, sondern auch: „Kommt her zu Mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid, Ich will euch erquicken“ (Matthäus 11,28). Auch Christen dürfen gesunde Grenzen setzen und moralischen Druck aus dem Kessel nehmen. Der Prediger im Alten Testament hat dafür einen guten Merkspruch: „Sei nicht allzu gerecht (…), damit du dich nicht zugrunde richtest.“ (Prediger 7,16)
Im Gleichnis sehe ich beim Samariter eine gesunde Abwägung zwischen Eigeninteresse und Selbstlosigkeit. In Vers 35 steht:
35 Am nächsten Tag holte er zwei Silberstücke hervor, gab sie dem Wirt und sagte: ›Pflege den Verwundeten! Wenn es mehr kostet, werde ich es dir geben, wenn ich wiederkomme.
Ja, der Samariter hört auf sein Bauchgefühl. Er leistet Erste Hilfe. Doch dann rufen andere Verpflichtungen und er zieht weiter. Er gibt die Verantwortung in die Hände des Gastwirts. Er weiß genau, was er leisten kann und was nicht. Und tut genau das; nicht mehr und nicht weniger. Das ist Hilfe nach Augenmaß. Mir macht das deutlich: Jesus fordert uns nicht auf, die Verantwortung für unser eigenes Leben abzugeben oder in tätiger Liebe unterzugehen. Bei der Nächstenliebe gibt es nicht nur „an“ oder „aus“, schwarz oder weiß, volles Mitgefühl oder Gleichgültigkeit – sondern die berühmte „goldene Mitte“.
Stell dir mal vor, wie es dem Samariter ergangen wäre, wenn er keine Grenzen hätte. Das haben die beiden christlichen Psychologen Henry Cloud und John Townsend in ihrem Buch „Nein sagen ohne Schuldgefühle“ einmal durchgespielt. Als der Samariter gerade gehen will, erwacht der Verletzte: „Du kannst doch jetzt nicht weggehen, während es mir noch so schlecht geht.“ Gegen besseres Wissen bleibt der Samariter bei dem Überfallenen, tagelang, wochenlang. Und das, obwohl er einen wichtigen Geschäftstermin in Jerusalem hat. Er wird immer ungeduldiger und ärgert sich schon über seine Barmherzigkeit. Nachdem der Mann endlich auskuriert ist und der Samariter in Jerusalem ankommt, findet er bloß noch eine Notiz vor: „Nach tagelangem Warten haben wir jetzt an jemand anderen verkauft. Sind weitergezogen.“ Die Stimmung ist am Tiefpunkt. Beim nächsten Mal wird der Samariter sich genau überlegen, ob er noch mal hilft…
Was nehmen wir uns mit? Will man Nächstenliebe zum Lebensstil machen, braucht es eine Balance aus Engagement und gesunden Grenzen.
Erinnerst du dich an eine oder mehrere Situationen, in denen du gegen besseres Wissen anderen geholfen hast? Wie hätte deine Unterstützung aussehen können, damit sie mehr der „Hilfe mit Augenmaß“ des Samariters entspricht? Wo brauchst du mal Pause vom Helfen? Nimm dir Zeit dafür, Gott gönnt dir Ruhe.
Die Heilige Schrift
Über diesen Leseplan

Nächstenliebe ist kein starres Gebot oder unerreichbares Ideal, sondern lädt uns zu einem Lebensabenteuer mit Gott ein. Mache dich auf eine Reise mit Kopf, Herz, Hand und Lukas. Impulse zum Nachdenken und Mitmachen gibt es hier. Zum Anhören und Selberlesen.
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Wir möchten uns bei Compassion Deutschland für die Bereitstellung dieses Plans bedanken. Weitere Informationen finden Sie unter: https://compassion.de/